Als SelbststĂ€ndige:r tĂ€tigst du möglicherweise EinkĂ€ufe auĂerhalb Deutschlands, aber innerhalb der EU. In diesem Fall kann die Umsatzsteuer (auch Mehrwertsteuer genannt) auf unterschiedliche Weise gezahlt werden. Im folgenden Artikel erklĂ€ren wir, wie das funktioniert und wie du die Umsatzsteuer zurĂŒckfordern kannst.
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Reverse-Charge-Verfahren einfach erklÀrt
Bei innergemeinschaftlichen GeschĂ€ften innerhalb der EU â zum Beispiel, wenn ein deutsches Unternehmen Waren oder Dienstleistungen von einem Unternehmen aus einem anderen EU-Land bezieht â kommt hĂ€ufig das sogenannte Reverse-Charge-Verfahren zum Einsatz. Dabei wird die Steuerschuldnerschaft umgekehrt: Der VerkĂ€ufer stellt keine Umsatzsteuer in Rechnung. Stattdessen muss der KĂ€ufer die Umsatzsteuer seines eigenen Landes berechnen und in der Umsatzsteuervoranmeldung angeben.
FĂŒr dich bedeutet das: Wenn du eine Ware oder Dienstleistung von einem Unternehmen in einem anderen EU-Mitgliedstaat kaufst und dabei deine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) angibst, erhĂ€ltst du in der Regel eine Rechnung ohne Umsatzsteuer â also mit einem Steuersatz von 0âŻ%. Du bist dann verpflichtet, die deutsche Umsatzsteuer auf diesen Betrag selbst zu berechnen und im Rahmen deiner Umsatzsteuervoranmeldung zu melden.
Die gute Nachricht: Bist du zum Vorsteuerabzug berechtigt, kannst du die berechnete Steuer gleichzeitig als Vorsteuer geltend machen. Das fĂŒhrt dazu, dass unter dem Strich keine Zahllast entsteht. Auch wenn das Verfahren zunĂ€chst etwas kompliziert klingt, handelt es sich meist um ein buchhalterisches Nullsummenspiel. Ziel ist es, sicherzustellen, dass die Umsatzsteuer im Land des Verbrauchs anfĂ€llt â also in deinem Land â und gleichzeitig den innereuropĂ€ischen Handel zu erleichtern.
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Reverse Charge fĂŒr umsatzsteuerpflichtige SelbststĂ€ndige
Wenn du der Regelbesteuerung unterliegst (also Umsatzsteuer auf deinen Rechnungen ausweist), solltest du bei EinkÀufen in der EU immer deine eigene USt-Identifikationsnummer angeben. Der auslÀndische Lieferant oder Dienstleister stellt dir dann keine eigene Umsatzsteuer in Rechnung. Du erhÀltst stattdessen eine Rechnung mit dem Hinweis auf die Umkehr der Steuerschuld (z.B. "Steuerschuldnerschaft des LeistungsempfÀngers") und einem Umsatzsteuersatz von 0 %.
Tipp:
Gib bei Bestellungen oder Dienstleistungsbuchungen im EU-Ausland immer deine USt-ID an, um zu vermeiden, dass dir auslĂ€ndische Umsatzsteuer berechnet wird. So sparst du Kosten und zusĂ€tzlichen Aufwand, denn eine im Ausland gezahlte Steuer könntest du nicht in deiner deutschen Umsatzsteuervoranmeldung abziehen.â
Reverse Charge fĂŒr Kleinunternehmer
Als Kleinunternehmer:in bist du von der Umsatzsteuer befreit â das heiĂt aber auch, dass du keine Vorsteuer vom Finanzamt zurĂŒckbekommst. Daher ist beim Einkauf im EU-Ausland besondere Vorsicht geboten. GrundsĂ€tzlich kannst du als Kleinunternehmer zwar eine USt-Identifikationsnummer beantragen, musst das aber fĂŒr EinkĂ€ufe nicht tun. Im Gegenteil: In den meisten FĂ€llen empfiehlt es sich, keine USt-ID anzugeben, wenn du im Ausland etwas fĂŒr dein Business kaufst.
Warum? Wenn du deine USt-ID verwendest, stellt der auslĂ€ndische VerkĂ€ufer keine Umsatzsteuer in Rechnung (Reverse Charge greift). Du mĂŒsstest dann allerdings die deutsche Umsatzsteuer auf den Nettobetrag an das Finanzamt abfĂŒhren â trotz Kleinunternehmerstatus. Da du keinen Vorsteuerabzug hast, bleibt diese Steuer als echte Belastung bei dir hĂ€ngen. Du hĂ€ttest also nichts gespart, sondern nur extra BĂŒrokratie geschaffen.
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Verzichtest du hingegen auf die Angabe einer USt-ID, behandelt dich der auslĂ€ndische Anbieter wie eine Privatperson und berechnet die lokale Umsatzsteuer auf der Rechnung. Diese Ausland-Umsatzsteuer zahlst du einfach mit und damit ist der Fall fĂŒr dich erledigt. Zwar ist auch diese auslĂ€ndische Steuer ein Kostenfaktor, den du nicht zurĂŒckholen kannst, aber du vermeidest zumindest komplizierte Meldungen an das Finanzamt.
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Kurz gesagt: Als Kleinunternehmer:in ist es meistens sinnvoll, im EU-Ausland EinkÀufe ohne USt-ID zu tÀtigen. So bekommst du ganz normale Bruttorechnungen und musst dich nicht mit Reverse-Charge-Verpflichtungen herumschlagen.
Rechnungen mit auslÀndischer Umsatzsteuer: Was tun?
In der Praxis werden dir als SelbststÀndige:r öfter Belege unterkommen, auf denen auslÀndische Umsatzsteuer ausgewiesen ist. Typische Beispiele sind Reisekosten: Hotelrechnungen im Ausland enthalten die lokale Mehrwertsteuer, genauso Restaurantbelege, Mietwagenquittungen oder Messe-Tickets in anderen EU-LÀndern. Auch wenn du einmal vergessen hast, deine USt-ID anzugeben, kann es passieren, dass ein:e EU-Lieferant:in dir Umsatzsteuer seines Landes berechnet.
Wichtig ist zu wissen:
âAuslĂ€ndische Umsatzsteuer kannst du in Deutschland nicht als Vorsteuer geltend machen.
In deiner Umsatzsteuervoranmeldung dĂŒrfen nur inlĂ€ndische VorsteuerbetrĂ€ge und ggf. selbst berechnete Steuer aus Reverse-Charge-FĂ€llen auftauchen. Die Umsatzsteuer, die du z.B. in Frankreich, Italien oder Spanien gezahlt hast, darf dort nicht eingetragen werden.
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FĂŒr deine Buchhaltung bedeutet das: Du verbuchst solche Ausgaben zum Bruttobetrag. Der volle Rechnungsbetrag inklusive der auslĂ€ndischen Steuer ist dann eine Betriebsausgabe. Einen Vorsteuerabzug gibt es hierbei nicht. Als umsatzsteuerpflichtige:r Unternehmer:in hast du also einen finanziellen Nachteil, wenn du auslĂ€ndische USt zahlst, da du sie nicht wie deutsche Vorsteuer zurĂŒckholen kannst. Als Kleinunternehmer:in bist du diesen Umgang bereits gewohnt â du verbuchst ohnehin alle Kosten brutto, da du nirgends Vorsteuer abziehst.
Allerdings gibt es fĂŒr umsatzsteuerpflichtige Unternehmen eine Möglichkeit, sich gezahlte auslĂ€ndische Umsatzsteuer doch erstatten zu lassen.
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VorsteuervergĂŒtungsverfahren: AuslĂ€ndische USt erstatten lassen
Zum GlĂŒck mĂŒssen umsatzsteuerpflichtige Unternehmer die im Ausland gezahlte Umsatzsteuer nicht zwangslĂ€ufig als Kosten abschreiben. Es gibt das sogenannte VorsteuervergĂŒtungsverfahren: DarĂŒber kannst du dir die in anderen LĂ€ndern der EU gezahlte Umsatzsteuer von diesen Staaten zurĂŒckholen.
FĂŒr EU-LĂ€nder funktioniert das relativ komfortabel ĂŒber einen Online-Antrag beim Bundeszentralamt fĂŒr Steuern (BZSt). Du reichst dabei elektronisch die Belege aus dem Ausland ein und stellst einen Erstattungsantrag. Wichtig: Das geht nur, wenn du in Deutschland zum Vorsteuerabzug berechtigt bist (also kein Kleinunternehmer) und im betreffenden Zeitraum in dem anderen Land nicht selbst umsatzsteuerlich registriert warst. In der Regel musst du den Antrag bis zum 30. September des Folgejahres einreichen, um die Vorsteuer des Vorjahres erstattet zu bekommen.
In der Praxis lohnt sich dieses Verfahren vor allem, wenn gröĂere AuslandsbetrĂ€ge zusammenkommen â zum Beispiel, wenn du auf einer auslĂ€ndischen Messe hohe StandgebĂŒhren mit USt gezahlt hast oder viele Hotel- und Tankrechnungen im EU-Ausland hattest. Bei kleineren BetrĂ€gen ist der bĂŒrokratische Aufwand oft nicht im VerhĂ€ltnis zum Ertrag.
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FĂŒr auĂerhalb der EU gezahlte Umsatzsteuer (z.B. auf GeschĂ€ftsreisen in DrittlĂ€nder) gibt es ebenfalls Erstattungsmöglichkeiten, diese sind jedoch je nach Land unterschiedlich geregelt und meist direkt im jeweiligen Land zu beantragen.
Wichtig: Als Kleinunternehmer:in kannst du am VorsteuervergĂŒtungsverfahren leider nicht teilnehmen, da du in Deutschland keinen Vorsteuerabzug geltend machst. FĂŒr dich bleiben Auslands-UmsatzsteuerbetrĂ€ge daher endgĂŒltig Teil der Betriebsausgaben.
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Bei Fragen kannst du dich jederzeit direkt im Chat an einen unserer Steuer-Coaches wenden oder uns per E-Mail an support@accountable.eu kontaktieren.